Liebe Leserinnen und Leser,
wissen Sie, was ein Meme ist? Es ist ein neudeutscher Begriff für einprägsame Bilder, die in den sozialen Netzwerken geteilt werden. Ein solches Meme postete vor ein paar Tagen das Weiße Haus. Zu sehen war eine Frau, die gerade verhaftet wurde. Sie war eine hochkarätige Drogenhändlerin und nun endlich gefasst worden, so lautete der Bericht. Gezeigt wurde sie in entwürdigender Weise. Die kräftige Frau weinte, während sie in die Kamera blickte. Ihr Shirt war hochgerutscht. Hinter ihr stand der Polizist. Nicht nur ein Foto mit vollem Namen der Verhafteten wurde auf diese Weise veröffentlicht, es war auch noch als Cartoon gezeichnet und daneben gepostet worden. Bei allem, was sich diese Frau voraussichtlich hat zuschulden kommen lassen, wurde hier von höchster amtlicher Stelle ein Mensch peinlich bloßgestellt, um ein Meme zu schaffen. Und unter dem Post konnte man die vielen schadenfrohen Kommentare lesen.
Immer wieder kommt es vor, dass Menschen bloßgestellt und beschämt werden. Nicht nur in der Politik, auch in den Schulen, im privaten Umfeld, in den sozialen Medien.
Wir stehen vor der Passion und vor Ostern. Da ist ein Mensch, der zu den Verbrechern gezählt wurde. Er wurde entblößt und zur Schau gestellt. Mit den Mitteln seiner Zeit. Erhöht, auf einem Hügel vor der Stadt, wurde er an das Kreuz genagelt, dem schändlichsten Hinrichtungswerkzeug. Zuvor wurde er der johlenden Menge vorgeführt. Mit einem roten Spottmantel, einer Dornenkrone. Heil dir, du König der Juden.
Wir bekennen heute, dass Jesus unschuldig starb. Für die Mächtigen damals war er jedoch ein schmählicher Verbrecher, dem sie jegliche Würde absprachen.
Er war einer von vielen. Doch da er eine gewisse Bekanntheit besaß, war er besonders gut dafür geeignet, als Spottfigur dargestellt zu werden. Tatsächlich wird sein Bild zum Meme der Christen. Millionenfach wird Jesus dargestellt werden in seiner Entblößung, seinem Leiden, seinem Sterben am Kreuz. Aber erst in späteren Jahrhunderten wurde das Kreuz zum wichtigsten christlichen Symbol. In der frühesten Zeit saß der Schock noch zu tief.
Wenn wir an Karfreitag das Kreuz verehren, dann verehren wir diesen Jesus, durch den sich Gott selbst in die tiefsten Abgründe menschlicher Existenz begeben hat. Auch in unsere. Jeder Mensch hat Abgründe, Seiten für die er oder sie sich schämt, die nicht an die Öffentlichkeit kommen sollen. Schattenseiten. Dazu muss man kein Verbrecher im juristischen Sinne sein. Aber selbst diese sind mitgemeint, auch oben genannte Drogendealerin. Denn in unsere ärgsten Dunkelheiten begibt sich Jesus und nimmt sie auf sich. Er nimmt die Konsequenz auf sich, dadurch selbst zur Spottfigur gemacht zu werden.
Dies ist Gottes ureigener Weg, uns unsere Würde zurück zu schenken. Er wandelt unsere Dunkelheit dadurch, dass er in sie hineingeht. Er wandelt das, was uns am Leben in Fülle hindert, also in letzter Konsequenz todbringend ist, was daher als Sünde bezeichnet wird, indem er selbst den Tod auf sich nimmt. Er wandelt es in neues Leben durch die Auferstehung seines Sohnes. So ist Ostern das endgültige Fest unsere Befreiung. Befreit sind wir von aller Schuld und auferweckt mit Christ zu Gott. Halleluja.
Ihre Gemeindereferentin
Marion Bexten